BeschreibungTour im Gegenuhrzeigersinn fahren !!Genug Verpflegung und Getränke mitnehmen. KEINE Restaurants !!
St. James Cycle Trail in Neuseeland
Nga Haerenga lautet der Name des New Zealand Cycle Trail Projekts. Das ist eine von der Regierung finanzierte Initiative ähnlich der Schweiz Mobil Initiative. Das Ziel lautet: ein Netzwerk von Radwegen und Bikerouten auf der Nord- und Südinsel aufbauen und unterhalten. 2010 wurde der erste dieser sogenannten „Great Rides“ eröffnet.
Wir sind diesen St. James Cycle Trail im Dezember 2014 gefahren. Ein Bike- und Naturerlebnis erster Güte. Aber jetzt schön der Reihe nach. Nach einem langen Flug von Zürich via Singapore bis nach Christchurch auf Neuseelands Südinsel haben wir uns zuerst ein paar Tage lang in der Region rund um Christchurch akklimatisiert und uns von der Reise erholt. Die sogenannten Port-Hills, die unmittelbar am Stadtrand gelegen sind, eignen sich hervorragend, um sich mittels kleineren und grösseren Biketouren an die Zeitumstellung und das tolle Sommerwetter zu gewöhnen.
Als ideale Basis für die grosse Tour auf dem St. James Cycle Trail haben wir den Touristenort Hanmer-Springs ca. 120 km nördlich von Christchurch gewählt. Um uns ein erstes Bild der Region und der Verhältnisse zu machen, unternahmen wir am Tag vor unserer geplanten Tour eine kurze Trainingsfahrt von Hanmer-Springs über den Jacks- und den Jollies-Pass. Bereits diese 30 km Runde war ein tolles Erlebnis. Nur wenige hundert Meter hinter der Ortschaft Hanmer-Springs beginnen die Bike-Trails und die fast verkehrsfreien Schotterpisten.
Am nächsten frühen Morgen starten wir vom St. James Homestead, ca 15 km von Hanmer-Springs entfernt, zu unserer grossen Runde. Bis auf einen landestypischen Gegenwind macht das Wetter perfekt mit. Kühl aber sonnig und steigende Temperaturen. Die ersten 25 km folgen wir der sogenannten Rainbow-Valley Gravelroad, einer Schotterpiste von Hanmer-Springs nach St. Arnaud. Dieser Streckenabschnitt ist technisch sehr einfach, landschaftlich dafür umso reizvoller. Wir fahren durch ein weites Tal mit grossen Weiden und ziemlich vielen Angus-Rindern.
Kurz vor dem Lake Tennyson zweigen wir von der Schotterpiste links ab in den eigentlichen St. James Cycle Trail. Jetzt folgt ein mehrere Kilometer langer Aufstieg zum Mailing-Pass auf immerhin über 1300 Meter. Ein paar hundert Meter nach dem Pass öffnet sich ein unglaublicher Ausblick auf das riesige Waiau-Tal. Jetzt verstehen wir auch, warum uns ein lokaler Biker in Hanmer-Springs erklärte, die Tour unbedingt im Gegenuhrzeigersinn zu fahren. Die Abfahrt vom Mailing-Pass hinunter ins Waiau-Tal ist extrem steil. Also lieber runter als rauf.
Typisch für diese grossen und wilden Täler in Neuseeland sind die extrem breiten und natürlichen Flüssläufe. Das Flussbett des Waiau-River ist stellenweise sicherlich über einen Kilometer breit. Wir folgen nun einem uralten Jeep-Trail, der von den Trailbauern zu einem tollen, aber anspruchsvollen Singletrail ausgebaut wurde. Schnelle Passagen wechseln sich ab mit engen Stellen durch lichte Wälder oder Übergängen über Wasserläufe.
In der Beschreibung des Trails wird unterwegs ein Abstecher zum Lake Guyon empfohlen. Da unterdessen das Wetter perfekt ist, sonnig und über 25°, nehmen wir die „Einladung“ gerne an und biken frohen Mutes zu diesem See hinauf. Den See haben wir dann auch angetroffen, sehr hübsch gelegen. Allerdings haben wir unsere Picknick-Pläne ohne die neuseeländischen Sandfliegen gemacht. Innert Sekunden hatten wir jede Menge dieser Störenfrieden an unseren Waden. Ganz lästig. Den Bushman-Insektenspray haben wir noch am gleichen Abend eingekauft…
Zurück von diesem kleinen Ausflug zum Guyon See folgen wir weiter dem Waiau-River auf einem endlosen und abwechslungsreichen Single-Trail. Nach über 15 km auf diesem lässigen Trail müssen wir auf die Talseite wechseln. Dazu hat das New Zealand Cycle Trail Projekt extra eine Hängebrücke gebaut. Toll. Und weiter geht’s. Nach einem kurzen, ruppigen Aufstieg folgt eine sehr schnelle Abfahrt. Überholen unmöglich. Der Trail hat eine Breite von ziemlich genau 30 cm. Mehr brauchen wir Biker ja auch gar nicht, um glücklich zu sein. Unglaublich. Nach etwa 30 km auf absolut tollen, erstklassigen Trails durch das Waiau-Tal zweigen wir erneut links ab. Über einen kleinen Pass erreichen wir das Edwards-Tal. Unser Trail wird jetzt zu einer Jeep-Piste. Wenn wir diese Piste so anschauen, müssen wir mit Schadenfreude feststellen, dass die unterdessen auf Schweizer Strassen verkehrenden SUV’s hier heillos überfordert wären. Auf unseren Bikes soll es uns jedoch recht sein. Schlaglöcher, Felsen und immer wieder Bachüberquerungen folgen hier Schlag auf Schlag. Also genau so wie wir es lieben. Richtiges Biketerrain. Und das alles in einer atemberaubenden Landschaft.
Wir sind nun seit etwa 70 km und bereits über 5 Stunden unterwegs. Das Wetter ist sehr gut, die Temperaturen steigen weiter. Langsam aber sicher sind unsere Getränke aufgebraucht. Wir müssen zugeben, das ist unser Fehler. Wir hätten damit rechnen müssen, in dieser Gegend weder Restaurant noch Kiosk anzutreffen.
Gemäss Streckenprofil liegt noch ein happiger Aufstieg mit weiteren 400 Höhenmetern vor uns. Der Peter’s Pass ist das letzte Hindernis des Tages. Auf die trockenen Zähne beissen und weiterfahren. Wasser aus dem Fluss zu trinken ist ohne Filterung wegen der weit verbreiteten Giardien-Parasiten keine Option. (siehe Wikipedia)
Die letzten Kilometer zurück zu unserem Auto sind dann aber nochmals das reinste Vergnügen. Ein cooler Trail, leichtes Gefälle und dazu ein verdienter Rückenwind. Was für eine Landschaft, was für eine Tour!
In Stichworten: Distanz = 90 km / 1500 Höhenmeter / 6 bis 8 Stunden Fahrzeit / genug Getränke mitnehmen!
Zum Namen des Trails. 1862 wurde die St James Station gegründet. In jener Zeit war diese Rinder- und Schaf-Farm eine der grössten Farmen Neuseelands. 2008 hat die Regierung das ganze Land dieser ehemaligen Farm aufgekauft und einen Naturpark gegründet. Die Fläche von fast 800 km2 entspricht etwa dem Kanton Solothurn.
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